10 Tage nach dem 9. Vollmond 77 n.d.g.B.

Die zwei Feen saßen in ihrem Feenkreis und genossen das schimmernde Licht der großen, bunten Pilze um sie herum, als sie etwas in der Ferne hörten. Es klang nicht nach einem leichtfüßigen Fuchs oder dem Federn eines Astes, auf dem eine Eule landet. Viel mehr war es ein dumpfes, brachiales Geräusch. Die Jüngere der beiden Feen, eine Frühlingsfee, hatte es schon vorher gehört, aber nie so nah und als sie die Lichter der Laternen sah, die die Wesen mit sich umher trugen, wurde sie ganz aufgeregt. Sie strich sich ihre langen blonden Haare aus dem mit Blumenmustern verzierten Gesicht, um besser sehen zu können.
Frühlingsfeen waren die neugierigsten aller Feen. Das mochte wohl an ihrem Alter liegen. Sie waren die Jüngsten unter den Feen und benahmen sich damit wie kleine Menschenkinder: verspielt, wissbegierig, und – sehr zum Ärger der Herbstfee – sich keiner Gefahr bewusst, tollten sie durch die Welt und wollten alles anfassen und entdecken.
„Sind das Menschen!?“, fragte sie voller Verzückung die Herbstfee, welche sie in diese Welt begleiten durfte. Diese schaute verärgert in Richtung der Geräusche. Ihr großen rotbraunen Flügel schlugen zweimal kräftig, wie ein Zwinkern. „Jaja, das sind Menschen, aber sei ruhig! Sie müssen uns ja nicht unbedingt bemerken.“, antwortete sie ihr. Schmollend schaute die jüngere Frühlingsfee zu der Gruppe von Menschen hinüber. Ob es wohl Holzfäller waren? Die kamen nun öfter in den Wald, seit der großen Flut. „Aber sie könnten uns helfen. Vielleicht haben sie glitzernde Sachen dabei. Das würde uns doch helfen gegen ihn.“, stellte die Frühlingsfee fest, während sie sich neugierig dem Licht der Menschen ein wenig entgegen reckte.
„He, ist dort wer? Wer seid Ihr?“, rief eine dunkle Stimme aus der Gruppe. Ganz außer sich vor Freude über den Menschenkontakt, wollte die Frühlingsfee antworten, aber die Herbstfee hielt sie barsch zurück. „Zeigt uns lieber wer Ihr seid!“, rief sie der Gruppe entgegen und tatsächlich, die Menschen kamen näher! Wie wundervoll!, dachte die kleine Frühlingsfee, sie würde wirklich Menschen aus der Nähe sehen!
„Na gut, wir zeigen Euch uns. Jetzt sagt uns, wer Ihr seid.“, sprach der Mensch wieder. „Ach, Ihr Menschen und Eure Namen! Müsst Ihr denn alles benennen? Braucht alles bei Euch einen Namen?“, murrte die Herbstfee ihm entgegen. Die Menschen schienen etwas verdutzt über die Launenhaftigkeit der Herbstfee. Scheinbar kannten sie das nicht. Dabei ist es doch ganz normal, dass eine Herbstfee so launenhaft wie das Herbstwetter ist., dachte sich die Frühlingsfee. Mürrisch wie kalte, nasse Regentage in einem Moment und im Nächsten schon wieder ausgelassen und heiter wie wirbelnde Blätter im Wind.
Es war eine Gruppe von Menschen, wie die Frühlingsfee sie noch nie zuvor gesehen hatte. Gut, bisher hatte sie nur die Holzfäller aus der Ferne beobachtet, aber diese hier trugen andere Kleider und… Waffen! Vielleicht konnten sie ihnen wirklich helfen.
„Sagt, habt Ihr glitzernde Dinge für uns?“, fragte sie schnell, bevor die Herbstfee sie wieder ermahnen könnte. Die Menschen sahen sich verwundert an. „Mögt Ihr denn glitzernde Dinge?“, fragte nun eine Frau der Gruppe. „Oh ja!“, erwiderte die kleine Fee, „Wir sammeln sie!“
Die Herbstfee sah sie finster an. Demnach sollte sie lieber nicht weitersprechen. Sollen die Menschen nicht erfahren, dass das Sonnenlicht, welches sich in glitzernden Dingen bricht und funkelt, unsere Kraft stärkt?, fragte sie sich, Das wir ihn und seine Macht so viel besser aushalten?
Die Frau jedenfalls kramte in einer ihrer vielen Taschen. Und sie hatte viele Taschen dabei. Die Holzfäller hatten nie so viele Taschen dabei. Anscheinend hatten diese hier kein Zuhause. Es müssen… Wie heißt das doch gleich? Reisende sein?, überlegte die kleine Fee.
Die Reisende zog an einer langen, schwarzen Schnur und aus ihrer Tasche kam ein kleiner Kristall zum Vorschein. Er reflektierte das schwache Licht der Feenpilze so wunderbar, wie herrlich musste er dann erst die Sonne reflektieren?
„Gefällt Euch das?“, fragte die Reisende. Mit großen Augen nickte sie kleine Fee und streckte gierig die Hände nach dem Kristall aus, doch die Reisende zögerte.. „Was bekommen wir von Euch dafür?“, fragte sie nüchtern.
Die Herbstfee sah ihre Chance: „Wir könnten Euch Informationen geben. Ihr sucht doch sicher etwas, sonst wärt Ihr nicht hier.“